Paul Sellers erklärt - von Aldi bis scharf (video)

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
Registriert: Mi 26. Jul 2017, 12:16

Re: Peter & Paul

Beitrag von Wolfgang Kueter »

[In Antwort auf #136459]
Hallo,

liest man hier im Forum so bekommt man als Außenstehender recht schnell einen sehr negativen Eindruck.
Hier herrscht eine engstirnige Denkweise was Werkzeug und Handwerk anbelangt. [...]


Die Mehrheit hier betreibt das Arbeiten mit Holz in ihrer Freizeit und macht beruflich meistens etwas ganz anderes. Außerdem haben wir noch eine ganze Menge Ruheständler. Produktiv in einer Tischlerei oder Zimmerei haben nur wenige jemals gearbeitet und eine entsprechende Ausbildung im holzverarbeitenden Handwerk haben sie auch nicht. Ich bin zwar kein Ruheständler, aber gehöre auch in diese Gruppe. Dieser Hintergrund (Leute mit ausreichend Geld, oft recht viel Zeit und auch oft guter Ausbildung (Akademiker, Ingenieure etc.) für die Holzarbeit eben eine Freizeitbeschäftigung ist) erklärt vieles, Menschen stecken oft recht viel Geld und Zeit in ihre Hobbies und treiben die Perfektion dabei sehr, sehr weit. Die Zeit, die viele hier in oft sehr liebevolle und auch exzellent gemachte Projekte stecken, hat im Handwerk (heutzutage) fast niemand, weil bei Stundensätzen > 40 EUR zzgl. MwSt. kaum ein Kunde diese Zeit bezahlen kann. Wenn Profis mal so bauen wie manche Hobbyisten, dann bauen sie (fast immer) für sich selbst, für Kunden ist das nicht bezahlbar. Sicher, es gibt Ausnahmen, manchmal ist ein Kunde eben Liebhaber, für den Geld keine Rolle spielt oder es geht um denkmalgeschütze Objekte und Restaurierung. Das sind aber alles Nischen, selbst Möbelbau ist für die durchschnittliche Tischlerei heute eher selten, viele Aufträge kommen aus dem Bereich Bereich Bautischlerei (Türen, Fenster, Treppen ...). Es sind einfach zwei Welten, welcher Freizeittischler hätte sich wohl mal an einer 1/4 gewendelten Treppe versucht? Von solchen Aufträgen lebt eben heute fast jede Tischlerei und die Einzelteile dafür kommen inzwischen oft aus der CNC Maschine.

Unter meinen Freunden und Bekannten sind mehrere Tischler, meist Altgesellen und auch ein Meister. Die haben alle ihr Leben lang in ihrem Beruf gearbeitet und können alle was, gerade den Meister würde ich schon als einen wirklich Guten bezeichnen. Ich gucke mir interessehalber bspw. auch gerne mal Gesellenstücke an, die von der Kreishandwerkerschaft hier jedes Jahr nach der Freisprechung ausgestellt werden, das lohnt und es zeigt, dass auch die jungen Leute durchaus ihr Handwerk gelernt haben und handwerklich gute und schöne Objekte fertigen können. Niemand von diesen Leuten hat aber eine Hobelsammlung wie nicht wenige hier im Forum. Der o.g. Meister hat sich vor etwa 20 Jahren mal einen hölzernen Reformputzhobel mit Eisenfeineinstellung (Ulmia oder ECE) gegönnt, das war quasi ein Geschenk an sich selbst. Das war es, das ist der einzige "Edelhobel", den ich jemals bei meinen professionell im Holzhandwerk arbeitenden Bekannten gesehen habe. Hersteller wie LN, Veritas, Clifton etc. kennen diese Leute oft gar nicht und trotzdem sägt der o.g. Meister jederzeit innerhalb von kurzer Zeit jeden Zapfen mit einer ganz normalen, ordentlichen Gestellsäge und der passt auch praktisch immer.

Auch wenn das Material gleich ist, sind die Rahmenbedingungen bei Tischlerei als Beruf und Tischlerei als Hobby sehr viel anders. Man muss diese unterschiedliche Rahmenbedingungen einfach sehen, die Welt ist groß und darin ist selbstverständlich ebenso Platz für riesige Hobelsammlungen wie für CNC Maschinen. Beides hat seine Berechtigung und beides berechtigt nicht zu Überheblichkeiten oder Abfälligkeiten beim Blick in die jeweils andere Welt. Das gilt natürlich auch für die polnischen Handwerker und Diesel als Schleiffüssigkeit (doch, Diesel stinkt heftig und ist auch nicht gerade gesund, je nach Stein könnte man ja auch was anderes nehmen).

Grüße
Wolfgang

Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
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Re: Peter & Paul

Beitrag von Wolfgang Kueter »

[In Antwort auf #136460]
Hallo,

Woher soll man denn wissen, dass am Riss gesägt wird und nicht mittendrauf (zum Beispiel)?


Wer als Hobbyist etwas wissen will, kann doch problemlos alle möglichen Quellen nutzen, Bücher, Internet oder man fragt ganz einfach jemanden, der sich mit etwas auskennt Ein Tischler sollte sich im Freundes- oder Bekanntenkreis von vielen finden. Die Profis lernen das doch auch heute noch alles selbstverständlich in der Ausbildung, OK, Handarbeit verliert in der Praxis immer mehr an Bedeutung, aber solche Grundlagen hat jeder Profi mal gelernt.

Grüße
Wolfgang



Wolfgang_P
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Registriert: Mo 3. Dez 2018, 17:37

Re: Peter & Paul

Beitrag von Wolfgang_P »

[In Antwort auf #136459]
Hallo Bernhard

Na, dann zeig doch mal Deine Zinken und Zapfen. Wer den Mund so voll nimmt, sollte seinen eigenen Ansprüchen auch gerecht werden. Ich warte gespannt.

Gruß

Wolfgang

Christoph Meyer
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Registriert: Sa 8. Aug 2015, 22:44

ich sehe das nicht so pauschal

Beitrag von Christoph Meyer »

[In Antwort auf #136459]
Hallo Bernhard,

ich finde deine Ausführungen zu pauschal! Mir persönlich sind hier keine Beispiele bekannt wo jemanden davon abgeraten wird etwas anderes außer Veritas oder LN zu kaufen.

Bei mir gibt es einige Veritas Hobel und auch anderes schönes Werkzeug. Das habe ich mir zugelegt, da ich wenig Lust habe altes Werkzeug aufzuarbeiten und meine freie Zeit auch begrenzt ist. Ich möchte lieber mit dem Werkzeug arbeiten und Spaß an meinem Hobby haben. Etwas mit Handwerkszeugen zu schaffen ist eine gute Ablenkung zu meinem Beruf. Wenn jemand mit gebrauchten Werkzeugen anfängt gibt es doch nichts dagegen einzuwenden.

In dem Forum hier gefällt mir, dass viele sehr ernsthaft in das Holzwerken eintauchen und das Thema nicht nur oberflächlich streifen um z.B. mal eben aus Gerüstbohlen einen Tisch zu basteln.

Durch das Forum hier habe ich viel Unterstützung erhalten und im Archiv sehr viele schöne Arbeiten und Arbeitsweisen finden können. Neben Büchern bekommt man als Neuling hier die Möglichkeit traditionelle Arbeitsweisen aufzunehmen. Man darf dabei nie vergessen, dass viele Ihr Wissen gerne kostenlos weitergeben.

Bei Paul Sellers ist eben nicht alles kostenlos, er muss sich und seine Arbeitsweise vermarkten. Wenn es aber andere (bessere) Methoden gibt die z.B. das Schärfen erklären muss man das doch nicht gleich als akademische Klausur abtun?

Man muss Paul Sellers aber zu Gute halten, dass er auf seine Weise versucht Leute an das Holzwerken zu bringen. Gerade in der heutigen Zeit sind Internetvideos eine tolle Basis um sprichwörtlich bei der Arbeit über die Schulter zu schauen.

Viele Grüße
Christoph


Bernhard
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Peter & Paul

Beitrag von Bernhard »

[In Antwort auf #136459]
Hallo Bernhard,

ich finde, Du siehst die Sache zu emotional.

Wenn man sich so im Netz präsentiert wie PS, muß man mit Kritik rechnen. Mir sind, ohne dass ich viel von ihm gesehen habe, (denn dazu ist mir die Zeit zu schade) folgende Dinge gleich aufgefallen:

1.) er zeigt keine fertigen Möbel
viele finden das ungewöhnlich, insbesondere da er ansonsten sehr präsent im Netz ist
2.) Er sägt wie selbstverständlich neben dem Riss, obwohl er den Riss treffen möchte
das sollte man als Lehrer, der Geld für sein Video verlangt, unbedingt besser machen
3.) Seine Zinkenlehre
sieht aus, wie in einer Vorschulbastelstunde gemacht. Da hätte ich höhere Ansprüche.
4.) Langatmigkeit
5.) suboptimale Holzwahl
6.) Er rennt Trends hinterher. Erst Werkbänke, jetzt Werkzeugkisten.

Diese Dinge darf man in meinen Augen schon kritisieren.

Es muss sich um Premium Werkzeug handeln


Ich bilde mir ein, dass ich hier schon seit mehr als 10 Jahren gewissenhaft mitlese. Von "müssen" habe ich hier nichts gelesen. Darf ich um Beispiele bitten?

Wann immer ich über PS lese, wird sein günstiges Werkzeug genannt, aber nie seine Möbel oder herausragenden Fertigkeiten. Mich würde das als Handwerker stören, wenn ich auf das eingesetze Werkzeug reduziert würde.

Zu Friedrichs Frage, wo kann man heute noch die ursprüngliche Handarbeit lernen? Ich bin der festen Überzeugung, dass dies sogar in der traditionellen Lehre zu kurz kommt. Mein Weg war über Fachbücher und über die alten Serien bei FWW. Früher waren dort Leute wie Tage Fried und Frank Klausz sehr aktiv, heute sind es u.a. Garrett Hack. Sein meistbenutzter Hobel ist übrigens ein Bedrock 604 mit Hockeisen. Er zeigt auch ganz unspektakulär, wie man ein Flohmarktbeitel aufarbeitet oder von Hand schärft. Ganz nebenbei kann man seine Möbel auch im Netz sehen und in den 45 min., wo PS einen Schubladengriff produziert, zeigt Garrett, wie man ein ganzes Schränckchen baut (mit Griff und Schublade). Sicherlich sind nicht alle Artikel gut, aber sicherlich viel besser, als das was ich von PS gesehen habe. Und ich würde auch behaupten preisgünstiger!

Zu der Aussage "Premiumwerkzeuge": Da wäre ich vorsichtig! Es gibt Berechnungen, die verdeutlichen, dass mit der heutigen Kaufkraft verglichen, diese Werkzeuge günstiger sind als früher.

Zu der Vermarktung von PS. Als Vertriebler mag ich das sehr. Einfach unglaublich, was dieser Mensch mit seinen begrenzten Fähigkeiten für einen Erfolg hat. Als Holzwerker macht mich das bestürzt.

Viele Grüße
Bernhard



Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
Registriert: Mi 26. Jul 2017, 12:16

Re: Peter & Paul

Beitrag von Wolfgang Kueter »


Hallo,

Zu Friedrichs Frage, wo kann man heute noch die ursprüngliche Handarbeit lernen? Ich bin der festen Überzeugung, dass dies sogar in der traditionellen Lehre zu kurz kommt

Deine Überzeugung steht Dir zu, sie wird allerdings von den Ausbildungsbetrieben und Kommissionen kaum geteilt. Die bilden die jungen Leute schon so aus, dass sie in nach heutigen Maßstäben arbeitende Betriebe passen. Traditionelle Handarbeit gibt es dort schon seit Jahrzehnten nur noch in geringem Maße.

Grüße
Wolfgang

Bernhard
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Peter & Paul

Beitrag von Bernhard »


Hallo,

sie wird allerdings von den Ausbildungsbetrieben und Kommissionen kaum geteilt

das kann ich mir gut vorstellen, vielleicht möchte man einfach nur die Fassade waren.

Die bilden die jungen Leute schon so aus, dass sie in nach heutigen Maßstäben arbeitende Betriebe passen.

eben deshalb kommt traditionelle Handarbeit zu kurz.

Traditionelle Handarbeit gibt es dort schon seit Jahrzehnten nur noch in geringem Maße.

sag ich doch!

Was mich amüsiert, sind die Tischlerfahrzeuge mit dem schönen Handhobel und Winkel als Firmenemblem. Wenn überhaupt ein Hobel, dann ist dann ein müder Rali an Bord.

Vermutlich geht es auch gar nicht anders. Schreinereien haben heute eben eine andere Aufgabe als früher und passen sich dementsprechend an. Das geht bis zur Ausbildung. Der traditionelle Meister Eder ist überholt.

Grüße
Bernhard

Rolf Richard
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Re: Peter & Paul

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #136490]
Ich bilde mir ein, dass ich hier schon seit mehr als 10 Jahren gewissenhaft mitlese. Von "müssen" habe ich hier nichts gelesen. Darf ich um Beispiele bitten?


Nix für ungut, ich erinnere mich da an ein paar Diskussionen über die "Unabdingbarkeit" deutscher Hinterzangen.

Dogmen, mehr nicht! Das hätte mich fast dazu gebracht hier auszusteigen.

Gruss

Rolf


Bernhard
Beiträge: 1088
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Peter & Paul

Beitrag von Bernhard »


Einige können sachliche Kritik an Paul Sellers nicht vertragen, andere nicht an Ihrer Hobelbank mit "Twin-Vise".
Wo waren noch einmal Deine Beispiele für die "Features" der "Twin-Vise"?

Nichts für ungut, aber Argumente (am besten mit Fotos) würden mehr überzeugen als Schlagworte!


Konrad Holzkopp
Beiträge: 1722
Registriert: Do 2. Nov 2017, 12:23

Re: Peter & Paul

Beitrag von Konrad Holzkopp »

[In Antwort auf #136498]
Guude,

Zitat:
"Was mich amüsiert, sind die Tischlerfahrzeuge mit dem schönen Handhobel und Winkel als Firmenemblem. Wenn überhaupt ein Hobel, dann ist dann ein müder Rali an Bord."

Das Emblem soll in Zukunft an Stelle von Handhobel, Zirkel und Winkel Akkuschrauber, Silikonpresse und Kreuzschlitzbit erhalten! ;-))

Zitat:
"Vermutlich geht es auch gar nicht anders. Schreinereien haben heute eben eine andere Aufgabe als früher und passen sich dementsprechend an. Das geht bis zur Ausbildung. Der traditionelle Meister Eder ist überholt."

.... und könnte auch so seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten. (seit 60 Jahren nicht mehr!)

Gut Holz! J.

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