The taming of the shrewed board, Teil 5

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Christof Hartge
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Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Christof Hartge »


5. Die erste Hirnholzkante:

Falls ihr beim Absägen des Brettes von der Bohle sorgfältig vorgegangen und eine Längskante einigermaßen rechtwinklig zu dieser Hirnholzkante ausgerichtet habt, braucht ihr die erste Hirnholzkante nur gerade zu hobeln. Wer so eine Stoßlade wie Conger sein eigen nennt, dem sei sie für das Richten der Hirnholzkanten empfohlen. Wer keine hat, wie ich, wird auch so glücklich. Voraussetzung und das gilt sicher auch für die Stoßlade, ist ein frisch geschärftes Hobeleisen. Fein gestellt sollte der Hobel einen scharfen, schneidenden Ton von sich geben, der nicht ans Schaben erinnert. Auch Nadelhirnholz sollte in kleine Späne geschnitten werden, bloß Staub spricht für ein nicht genügend scharfes Eisen. So sieht es bei mir aus:



Es geht eigentlich mit jedem Bankhobel mit geradem Eisen. Ein verstellbares enges Hobelmaul hat aber den Vorzug, daß man Ausbruch an den Kanten minimieren kann.

So sieht die Sache aus, wenn der rechte Winkel von unserer geraden Längskante aus gemessen wird:



Leider habe ich die Fotos abends gemacht, der Lichtdurchfall ist nicht mehr gut zu sehen. Trotzdem sieht man, das links eine ganze Ecke weg muß.

Von der rechten Seite her sieht der Winkel vorn so aus:



Gar nicht so schlecht, links muß hier was weg.
und hinten:



Ziemlich rechtwinklig. Das Vorgehen um frei Hand Rechtwinkligkeit zu erzielen ist jetzt immer dasselbe: Zuerst die Hochpunkte wegnehmen: Also hier, bewußt die hintere Seite anhobeln und die linke Kante. Dann wieder überprüfen und erneut korrigieren.


Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Christof Hartge »


Mit dem Stellwinkel des Hobels zu den Jahresringen sollte man ein wenig spielen, nach Möglichkeit hobele ich entlang der Linien der Jahresringe.



Manchmal muß man den Jahresringen hinter herfahren wie in einem Karussell. Am besten läßt man sich vom Hobel leiten. Dieses letztere ist der einzige Vorteil, wenn man keine Stoßlade verwendet, das Finish wird besser. Aber eigentlich ist nur manchmal wichtig, denn Hirnholz taucht gar nicht so oft offen auf (Ausnahme: Zinken).

Die eigentliche Gefahr beim Hirnholzhobeln ist der Ausbruch, der sich ergibt, wenn man über die entfernte Kante hobelt. Das passive Hilfsmittel ist, die noch ungerichtete zweite Schmalseite an diese Stelle zu drehen. Wenn man genug Holz stehen lassen hat, wird das wieder weggesägt oder weggehobelt. Auch ein eng geschlossenes Hobelmaul kann das schlimmste verhindern. Ich bevorzuge es aber beim Hirnholzhobeln grundsätzlich nicht über die Kante zu hobeln, sondern von beiden Seiten immer zur Mitte hin zu hobeln und dabei das Messer nach bedarf anzuwinkeln.

Auf Rechtwinkligkeit zur ersten Längskante sollte man besonders achten, damit nachher auch die zweite Längskante genau überprüft werden kann. Wenn man das Brett nur wenig über die Vorder- oder Hinterzange spannt hilft das bei der Ausrichtung des Hobels.


Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Christof Hartge »


Hier bin ich schon ein Stück weiter gekommen:



Links auf dem Bild und an der vorderen Kante greift der Hobel schon in voller Breite. Rechts auf dem Bild ist noch der sägerauhe Schnitt zu sehen.
Nochmal korrigiert und gemessen und ich konnte folgenden Test machen:



Wenn man das Brett jetzt anstupst und es wippt sanft in die Ausgangsposition zurück um sich satt auf dem Hirnholz zur Ruhe zu setzen, dann ist es richtig. Und nochmal in Relation zur geraden Schmalseite:



Das war es bis hierhin. Die Hälfte der Arbeit ist getan.

Viele Grüße, Christof.

TorstenKüpper
Beiträge: 687
Registriert: Mo 26. Apr 2021, 20:44

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von TorstenKüpper »

[In Antwort auf #98642]
Hallo Christof,
was soll man dazu noch sagen?
Als "Hobel-Anfänger" bin ich schwer beeindruckt von Deinen Hobelkünsten.
Deine Anleitung hat mich ganz nach vorne gebracht (was die Motivation betrifft!).
Weiter so!
Grüße
Torsten

Christoph Roßdeutscher
Beiträge: 136
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Christoph Roßdeutscher »


Hallo Christof,
ich bin zutiefst beeindruckt, wie gut Du die Beschreibung hinbekommen hast. Ähnlich wie Torsten vor mir hast Du mich weiter gebracht und Mut gemacht. Nach wie vor scheue ich mich bei einem sägerauen Brett/ einer sägerauen Bohle anzufangen und dann alles allein weiter zu machen bis zum kompletten Möbel. Mit Deiner Beschreibung und den guten Queverweisen ist mein Zutrauen gewachsen und ich habe mir jetzt einige kurze Stücke (40-90cm lang, 40-60cm Durchmesser) einer Blutbuche zurücklegen lassen, um dann aus dem Holz in vier Jahren (da die Bretter 4cm stark werden) wirklich alles komplett selbst zu machen. Bis dahin werde ich mir jetzt erstmal sägeraue Bretter und Bohlen vom "Tischler meines Vertrauens" besorgen und loslegen.

Andreas Hörmann

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Andreas Hörmann »

[In Antwort auf #98644]
Hallo Christof,

schließe mich dem Lob an. Toll, daß es noch Idealisten gibt, die Ihr Wissen so bereitwillig teilen. Super!!!!!!!!

Andreas

Putmans, Jean

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Putmans, Jean »

[In Antwort auf #98660]
Christof,
Hut ab!
Auch ich schliesse mich den Bewunderern an.
Wäre es nicht schon, so viel Mühe und Einsatz besser zu würdigen als mit einem verstreuten Platz im Forumsarchiv? Ein eigener Platz in Dieters Homepage? Eine derart ausführliche und eingehende (und einleuchtende) Darstellung des gesamten Vorgangs sollte ständig (auch für zukünftige Forumteilnehmer) aufrufbar sein.

Gruss,
Jean Putmans, Heerlen

Ralf Schermeier

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Ralf Schermeier »


Das sehe ich genauso. Der Beitrag ist einfach geil. Ich hab sowas noch nie gemacht und brenne jetzt darauf, am Wochenende das Messer zu schärfen, mir einen alten Brettrest zu schnappen und das Ganze mal zu üben.

Dieter Schmid
Beiträge: 668
Registriert: Di 25. Sep 2018, 21:10
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Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Dieter Schmid »


Kann mich da meinen Vorrednern nur anschließen, eine so gute Schritt-für-Schritt-Erklärung mit Bildern habe ich sonst noch nirgends gesehen. Wenn Christof einverstanden ist, sollten wir die Beiträge in einem zusammenfassen und ständig zur Verfügung halten. Christof, gratuliere!

Viele Grüße
Dieter

Bernhard Kühnen

Re: The taming of the shrewed board, Teil 5

Beitrag von Bernhard Kühnen »


Hallo Dieter,

vielleicht kann man die "Serie" zusammengesetzt auf der Homepage anbieten. Christof wird bestimmt zustimmen. Dann kann man immer mal wieder zur "Appetitanregung" nachschauen.

Gruß
Bernhard

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