Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Detlef Schwier

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von Detlef Schwier »


hallo.

Sehr wichtig ist der Unterschied zwischen Leinöl und Leinölfirnis. Leinöl ist genauso viel oder wenig Schwermetall belastet, wie alle anderen Lebensmittel auch, die auf freiem Feld wachsen. Ob es sich am Ende um Leinöl für den Salat oder den Wohnzimmerschrank handelt, ist eher durch die Produktionsbedingungen bestimmt. Für Lebensmittel gibt es tausende Vorschriften, die peinlich genau einzuhalten sind. - Mitarbeiter muessen Haarnetze tragen, es muessen Lebensmittel geeignete Behälter verwendet werden, usw usf. - Das Leinöl für die Holzbehandlung kann man einfach in eine Blechbüchse füllen. Ansonsten bestehen nur geschmackliche Unterschiede. Aber grau ist alle Theorie. Da es keine Kennzeichnugsvorschriften fuer Farben gibt, ist bei Farben nicht umbedingt gesagt, das Leinöl in der Dose ist, wenn Leinöl drauf steht. Die Namen der Hersteller sind da oft sehr fantasievoll und wechslen nach jeder Sitzung der Marketingabteilung.

Reines Leinöl hat den Nachteil, das es sehr langsam aushärtet. Unter günstingen Bedingungen mit viel frischer Luft und Licht, dauert es mindestens drei Tage. Richtig ausgehärtet ist der Auftrag erst nach vielen Wochen. Leinöl trocknet nicht. Es reagiert mit dem Luftsauerstoff und bildet eine Art Plastikschicht auf dem Holz. Um die lange Zeit bis zum Aushärten zu verkürzen kocht man Leinöl mit sogenannten Sikkativen. Das waren bis in die siebziger Jahre hinein Bleiverbindungen. Bleiverbindungen sind heute verboten und dürfen nicht mehr in den Handel gebracht werden. Ausnahmen gibts da nur für Denkmalschützer - in besonderen Fällen. Heute werden ausschliesslich bleifrei Trockenstoffe verwendet, meistens Cobalt-, Zirkon oder Calciumverbindungen. Das variert je nach Hersteller. Ob diese Sikkative ungefährlich sind, ist nicht immer klar und hängt wohl von der konkreten Mischung ab. Manche Hersteller haben sich aber die Ungiftigkeit ihrer Mischungen zertifizieren lassen.

Es gibt noch weitere Modifikationen des Leinöls. Man kann es unter Luftabschluss ein Jahr stehen lassen. Dann heisst es Standöl und bildet eine härtere Schicht, die auch Wetterfest ist. Oder man laesst es ohne Luftabschluss stehen, dann dickt das Leinöl ein und die enthaltenen Schleimstoffe setzen sich ab. Diese Öl wird of für Künstlerfarben verwendet. Oder man kocht Leinöl mit Firnis und Tungöl (auch Holzöl genannt), dann bekommt man ebenfalls eine härtere witterungsfeste Oberfläche. Je nach Hersteller und anderen Zusatzstoffen heisst das dann Bootslack, Teaköl oder Hartöl. Die Anzahl der Rezepte ist da Legion. Wie schon weiter oben beklagt, gibt es da leider keine Kennzeichnungspflicht.

Anstelle von Leinöl kann auch Walnußöl oder anderes Nußöl verwendet werden. Nußöle bleiben aber oft etwas fettig und härten auch langsamer aus. Auch diese Öle gibt es als Standöle und in verschiedenen Mischungen. Für den Innenbereich kann man alle verwenden. Am besten sollte man auch den Hersteller und Verkäufer mit dem Verlangen nach verbindlichen Inhaltsangaben nerven. Nicht geeignet sind die Öle für die Innenflächen von Schränken, Truhen und Schubladen. Zum einen verliert sich der Geruch nur langsam. Die Socken riechen dann für ein paar Jahre nach Leinöl. Ausserdem fehlt dem Öl dann ausreichend Frischluft und Licht zum aushärten.

Nicht geeignet für Holzoberflächen sind tierische Fette, die meisten anderen Pflanzenöle und Maschinenöle. Diese Öle härten nicht aus, sonder bleiben meist flüssig oder verharzen. Im günstigsten Fall hat man dann einen schmierige Oberfläche, die den Dreck magisch anzieht. Im ungünstigen Fall wird das Fett ranzig. Dann hat man eine schmierige Dreckschicht, die auch nocht stinkt.

Insgesamt ist Leinölfirnis von einem Markenhersteller ein hervoragendes und umweltverträgliches Mittel. Wem die Sikkative suspekt sind, kann auf reines Leinöl zurückgreifen. Ob das dann kaltgepresstes Leinöl einer bestimmten Lage sein muss, ist wohl nur eine Preisfrage.

-det


ConGer - The Irish Diaspora in Munich

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von ConGer - The Irish Diaspora in Munich »

[In Antwort auf #97006]
Nein! Leinöl aus Leinsamen vom Acker is nicht (sonderlich) Schwermetallbelastet; kommt auf Boden, Ort und Düngung an.

Aber die kommerzielle erstellung von Leinöl aus Leinsamen vom Acker fügt öfters, bis auf 'kaltgepresst' oder 'bio', Schwermetalle zu. Hier zB was man im Baumarkt findet.

Noch mehr ist sog. Leinölfirnis (hier auch 'Baumarkt' produkte) Schwermetallbelastet. Hier wegen die anwendung von Erdöl zusatze! -- 'drying agents' or dryers (polymerisers).

Persönlich wende ich nur bio Produkte an, da wo Lebensmittel im kontakt mit die Oberfläche kommt. Hier ziehe ich Nüssöl vor, da es schneller trocknet (als 'bio' Leinsamenöl -- SEHR langsam) und besser riecht!

rgrds, g.

Dietrich
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Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von Dietrich »

[In Antwort auf #97006]
Vielen Dank für die Erläuterungen, bis dato nutze ich ein Leinöl aus Schweden, es kommt von der staatlichen Genbank für alte Getreide- und Nutztierrassen, dort werden teilweise verkaufsfertige Gebinde von Leinöl und fertigem Holzöl, was mit pflanzlichem Terpentinöl versetzt ist, angeboten.

Es ist ein riesieger Hof, der ökologisch geführt wird, die Gebinde sind recht groß und deshalb preiswert, werde mich natürlich beim nächsten Besuch erkundigen.

Gruß Dietrich

Detlef Schwier

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von Detlef Schwier »


hallo.

es ist wirklich schade. aber inzwischen scheint es an nord- und ostsee nur noch staatlich geförderten lein zu geben. dabei wachsen dort die besten qualitaeten.

-det

ConGer - The Irish Diaspora in Munich

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von ConGer - The Irish Diaspora in Munich »


Cool (auch anwendbar auf Neu Deutsch!),

Hast du einen 'URL' für diese Hof?

Eine weitere alternativ bietet Hanföl ('hemp oil') von Cannabis sativa L.
Siehe hier

http://www1.agric.gov.ab.ca/$department/deptdocs.nsf/all/agdex126

http://www.industrialhemp.net/

Hier habe ich noch keine erfahrungswerte... selbst suchten nur in abgelegen orte! ;-)Ö)

-g-

Dietrich
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Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von Dietrich »


Hallo Conger,
hier der Link http://www.lantmat.se/gardar/gardspres.asp?ID=199

es wird unter dem Namen Linolja=Leinöl pur
oder als Snickarolja= gebrauchsfertiges Schreineröl
angeboten.

Gal

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von Gal »

[In Antwort auf #94172]
Vielleicht etwas zu spät aber vieleicht kann dieser Artikel interessant sein
http://www.popularwoodworking.com/features/finish3.html

Gal

Matthias Kahl

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von Matthias Kahl »

[In Antwort auf #94867]
Hallo,

ein sehr interessanter Thread!!! Habe Vieles gelernt und werde wohl die "Leinöl/Balsamterpentin-Mischung" von Reinhold anwenden.

Bisher hatte ich eine Buchenarbeitsplatte + Olivenöl ausprobiert - war aber das erste 1/4 Jahr eine ziemlich fettige Angelegenheit ;-) und es gab Probleme mit der Haftung des Silikons und der Scheuerbeständigkeit (Glizzi + Spülmittel).

Noch einige Frage:
1) Ist die Mischung so unbedenklich, dass ich auch auf der Arbeitsplatte arbeiten kann - sprich: Schneiden, Hacken, Kneten etc.?
2) Wie robust ist diese Mischung in den belasteten Stellen (Herd/Spüle)?
3) Wie sieht es mit der Scheuerbeständigkeit aus?
4) Kann das Silikon (für Spülbecken/Herd-Abdichtung) mit dieser Mischung eine gute Verbindung eingehen, sprich: abdichten?

Gruß und Danke
Matthias

TorstenKüpper
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Registriert: Mo 26. Apr 2021, 20:44

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von TorstenKüpper »


Hallo,
ich habe meine neue Buchenholzarbeitsplatte mit dem "Hartwachsöl high solid" von Osmo behandelt.
- dünn mit einem Baumwolltuch auftragen
- über Nacht trocknen lassen
- nochmals dünn auftragen

Die Platte bekommt eine super Oberfläche, Wasser- oder Fettflecken haben keine Chance mehr. Das ganze soll lebensmittel- und speichelecht sein, also auch für Kinderspielzeug geeignet.
Davor hatte ich die Platte mit einem "Hartholzöl" behandelt, das hat nicht gebracht (Fleckenbildung).
Grüße
Torsten

reinhold
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Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Küchenarbeitsplatte ökologisch schützen

Beitrag von reinhold »


hallo,
die Leinöl/Balsamterpentinmischung ist NICHT meine Erfindung : jeder Malerlehrling hat das früher gelernt, als der Maler noch ein halber Chemiker war und seine Sachen selbst angerührt hat. Die Maler nennen die Mischung Halböl.

zu Deinen Fragen :
1. ich halte diese Oberflächen für unbedenklich. Meine umweltfreundliche und gesundheitsbewusste Frau achtet stark darauf, dass nur unbedenkliche Sachen in die Wohnung kommen. Allerdings schneide ich nicht darauf - die Oberfläche würde darunter leiden, sondern zum Schneiden nehme ich ein unbehandeltes Brett.

2.Nach fünf Jahren sieht man am Herd und an der Spüle noch keine Verfärbungen durch Wasser.Wir lassen Wasser allerdings nicht stehen, sondern wischen es ab.

3.Gut - wir gehen manchmal mit Scheuerpulver drüber und bisher gabs da keine Probleme. Allerdings wischen wir die Oberfläche 2-3 mal im Jahr mit der Ölmischung ab. Geht ganz schnell und beiläufig.

4. Ich glaube nicht. Frage : muss es überhaupt eine Verbindung eingehen? Ist eine 100% Dichtigkeit überhaupt notwendig? Schliesslich wird die Arbeitsplatte ja nicht geflutet, sondern das Dichtungsmittel soll nur verhindern, dass sich in der Fuge irgendwelche unerwünschten Sachen absetzen. Ein gelegentlicher Tropfen Wasser schadet dort meiner Meinung nach nicht.

Gruss
reinhold

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