Lackleinöl als Minimalkonservierung?

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Ralf aus Berlin

Lackleinöl als Minimalkonservierung?

Beitrag von Ralf aus Berlin »


Ich möchte vorerst nicht tief in die Tasche greifen, um Restaurierungsarbeiten (Wasserflecken, Furnier) an einem Jugendstilvertiko durch einen Fachmann vornehmen zu lassen. Empfohlen wurde mir, lieber vorerst nichts zu unternehmen, bevor ich durch Herumstümpern was verderbe. Als Minimalprogramm könne ich etwas Leinöl aufbringen, dann würden die Wasserflecken evtl. schon unauffälliger. Hier meine Frage:

Nehme ich da sog. "Lackleinöl", wie ich es im Künstlerbedarf bekomme?
Ist die Leinölbehandlung tatsächlich schonend konservierend und reversibel, falls z.B. die Erneuerung der Lackierung ansteht?
Eine vielleicht dumme Frage zum Schluss: ich bin handwerklich begabt und sehr sorgfältig. Kann man sich als lernfähiger Laie an eine Schelllackpolitur wagen?

Danke



Michael Formanek
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Re: Lackleinöl als Minimalkonservierung?

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Ralf,

ich würde wie vorgeschlagen nichts unternehmen. Einen Leinölauftrag würde ich nicht wirklich als reversibel bezeichnen. Beim Thema Oberflächenrestaurierung würde ich auf jeden Fall den Fachmann ran lassen. Eine Schellackpolitur kann man sicher selbst herstellen, aber in meinen Augen ist eine Neupolitur kein sehr restauratorischer Eingriff. Kommt aber alles auf den Zustand des Teils an. Stell vielleicht einmal hochaufgelöste Bilder rein, auf denen man die Schäden im Detail sieht.

mfG Michael


Jürgen zur Horst

Re: Lackleinöl als Minimalkonservierung?

Beitrag von Jürgen zur Horst »


Hallo Ralf,

zuerst solltest Du klären wie die Oberfläche beschaffen ist. Da Du die Schellackpolitur ansprichst, nehme ich an, dass das Vertiko diese Politur hat. Aus dem Gefühl würde ich sagen, dass Leinöl darauf nichts verloren hat. Das dürfte auch für eine spätere Schellackpolitur nachteilig sein. Schellackpolitur auf Furnier ist schon Hohe Schule der Oberflächenbehandlung.

Vielleicht hast Du Glück und Ottmar meldet sich zu Wort und läßt Dich an seinem Wissensschatz teilhaben.

Tschüß Jürgen


Ralf aus Berlin

BILD1 *MIT BILD*

Beitrag von Ralf aus Berlin »

[In Antwort auf #46936]
Danke für die Antworten. Auf Wunsch ein paar Bilder. Ich schätze das Stück auf 1910-1920, richtig? Soll mal ein Schmuckstück in meiner Wohnung werden. Die Vorbesitzer, ein älteres Ehepaar, hätten es verfeuert (!?), wenn es nicht der Sohn lastminute online versteigert hätte. Stand ewig in der Garage. Jetzt fühle ich so etwas wie Verantwortung für das Möbel, wie wenn es mir zur guten Pflege anvertraut wäre.



Ralf aus Berlin

BILD 2 *NM - Ohne Text* *MIT BILD*

Beitrag von Ralf aus Berlin »

Ralf aus Berlin

BILD 3 *NM - Ohne Text* *MIT BILD*

Beitrag von Ralf aus Berlin »

Ralf aus Berlin

BILD 4 *NM - Ohne Text* *MIT BILD*

Beitrag von Ralf aus Berlin »

reinhold
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Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Lackleinöl als Minimalkonservierung?

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #46936]
hallo Ralf,

Gratuliere, schönes Schränkchen !

Die Bilder sehen mir doch sehr nach Schellack-Mattierung aus.
Das ist ein bisschen etwas anderes als eine Politur.

Nun ist Shellack ein Lack, der leicht mit Alkohol zum aufweichen ist und sogar abgewaschen werden kann. Das heisst aber auch, dass wenn Du mit Schellack drüber gehst, dass dann ein späterer Restauratur zwar eine Stunde mehr Arbeit hat, dass Du aber nichts endgültig kaputt machen wirst.

Die Vorderansicht ist okay, an der würde ich nichts machen, man soll dem guten Stück sein Alter ruhig ansehen können.

Die Deckplatte scheint gelöstes, hohl liegendes Furnier zu haben; das wäre problematisch. Fahr mal mit einem Schraubenzieher oder einem Meterstab drüber (ganz leicht, damit es keine Kratzer gibt) und horche, ob sich der Ton ändert. Wenn er plötzlich höher wird, hast Du eine lose Stelle gefunden.
Das Furnier müsste auf jeden Fall gesichert werden, bevor Du an den Lack gehst.
Schau mal, ob Du einen guten Restaurator findest, der Furnierschäden repariert. Ich habe mal erlebt, wie ein Schreiner an einem Biedermeiertisch ein Kirschfurnier total abgeschliffen hat (Originalton: "das geht am schnellsten") und ein Birnbaumfurnier aufgeleimt hat ("war halt grad zur Hand") und anschliessend das ganze Tischchen mit irgend einem Kunststofflack gespritzt ("Schellack habe ich das letzte Mal in meiner Lehre gemacht...."). Such Dir also die Firma gut aus und lass Dir ein oder zwei Beispiele zeigen.

Das Kästchen ist sehr schön und ist es wert, anständig behandelt zu werden.

Zur Reparatur von Furnieren gibt es gute Anleitungen (Stichwort: Möbel restaurieren) und eine Schellack-Mattierung ist zum Glück einfacher als eine Politur.

Gruss
reinhold



Michael Formanek
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Re: BILD 2

Beitrag von Michael Formanek »

[In Antwort auf #46947]
Hallo Ralf,

bei dieser Oberfläche wird Lackleinöl nicht viel bringen. Das Furnier dürfte an einigen Stellen hohl sein, die Oberfläche ist nicht so schlimmen Zustand wie ich befürchtet hatte. Wenn du keine Erfahrung im Beheben solcher Schäden hast, würde ich selbst nichts herumprobieren sondern wirklich lieber einen Restaurator damit befassen.

mfG Michael


Ralf aus Berlin

Re: Schäden Deckplatte

Beitrag von Ralf aus Berlin »


Danke vorb für die Tipps.
Bei der Deckplatte hilft kein Ölen, Wachsen oder Polieren ;-). Ihr habt schon richtig erkannt, dass dort durch Wasserschaden viel Furnier lose ist, die Platte ist zudem deutlich verzogen und an den weißen Stellen gibt es Furnierfehlstellen. Da kann der Laie nur die Finger von lassen.

Meine Frage bzgl. Leinöl bezog sich auch auf den Korpus, der außer ein paar Wasserflecken kaum Schäden vorweist. Werde jetzt wohl Richtung Schellack Mattierung des Korpus gehen und die Platte evtl. zu einem Restaurator geben. Wie wäre denn da die Verfahrensweise? Hebt der erst den kompletten Rest Furnier ab, richtet die verzogene Platte und verklebt das Furnier neu unter Ergänzung von Fehlstellen? Es ist bestimmt preiswerter, eine kleine neue Platte beim Möbeltischler herrichten zu lassen, aber Originalteil ist eben Originalteil...



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