Shoji-Paravent, mit Bildern

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Bernhard Loos

Shoji-Paravent, mit Bildern

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo allerseits!

Ich möchte Euch mein jüngstes Projekt – einen vierteiligen Shoji-Paravent vorstellen!

Der Paravent ist aus Kiefernholz gefertigt und ein Element hat die Abmessungen von 1550 x 480 mm.

Die Rahmenhölzer, Riegel (horizontal) und Sprossen (vertikal) sind quadratisch (26 x 26 mm). Die Kumiko (Leisten für die überblattete Versprossung) haben die Abmessung von 16 x 8,2 mm.

Ausgangsmaterial waren vorgehobelte Kiefernhölzer aus dem Handel (30 x 30 mm, bzw. 40 x 10 mm).
Grundlage für eine gute Shoji-Arbeit sind gerade Hölzer von gleichmäßiger Stärke. Aus diesem Grund ist Handelsware, auch wenn sie gehobelt ist, nicht direkt zu verarbeiten. Ich sehe den Vorteil dieser "fertigen" Ware darin, dass man das Holz besser beurteilen kann, als an einer rauhen Bohle – davon abgesehen, dass man so eine Bohle auch aufsägen muß. Die Sache hat allerdings ihren Preis – ca. 100 Euro für das Holz plus 48 Euro für die Paravent-Scharniere (bei uns in der Theater-Schreinerei; im Handel kosten 6 Stück 70 Euro).

Solch ein Paravent-Projekt scheint mir der ideale Einstieg in die Shoji-Technik zu sein: Nicht zu schwierig - aber alles was eine gute Shoji-Arbeit verlangt, ist hier schon gefordert. Wer gerne in aller Ruhe arbeitet und ein Genauigkeitsfreund ist, wird an dieser Arbeit seinen Spaß haben. Kreativität ist - zumindest auf diesem Shoji-Level - nicht so vonnöten!

Mit meinem Beitrag möchte ich allen Interessierten einen (kostenlosen) Einblick in die Shoji-Arbeit geben. Wer dadurch Lust auf eigenes Tun bekommt, dem empfehle ich die Bücher von Toshio Odate zu diesem Thema.

Es ist sehr schön, dass ein Mann wie Toshio Odate die handwerklichen Techniken die zum Bau einer Shoji nötig sind, mit seinen Büchern der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Wer sich mit Shoji beschäftigen möchte, dem seien diese Bücher unbedingt angeraten!

Viele grundlegende Techniken und Vorgehensweisen kann man sich in seinem Buch "Shoji Schiebetüren Trennwände selbstgemacht" abschauen. Ich habe sie jedoch nicht sklavisch befolgt, sondern sie meiner Intuition folgend teilweise abgewandelt, so habe ich z.B. nicht die Kumiko-Überblattung verleimt, sondern die Kumiko-Zapfen in den Rahmenhölzern. An japanischen Werkzeugen kamen eine Universal-Dozuki und spezielle Shoji-Zwingen, sogenannte Hatagane zum Einsatz.
Abgesehen von einem Luftdruckkompressor (damit habe ich die Späne aus den engen Zapfenlöchern geblasen) kamen keine Elektrowerkzeuge zum Einsatz.

Zuerst möchte ich das Vorbereiten der Hölzer beschreiben.
Wer hier sauber und gewissenhaft arbeitet, legt die Grundlage für eine gelungene Arbeit!

Bild 1

Grobes Ablängen aller Hölzer mit der Gestellsäge auf dem Sägekreuz:



Bild 2

Abrichten der Rahmenhölzer:



Bild 3

Vertikales Rahmenholz in der Fügelade. Die bereits abgerichtete Seite liegt unten; jetzt soll die Winkelkante angehobelt werden. Das abgebildete Holz ist rund. Die Rundung liegt mittig an, die "offenen Stellen" werden hinterlegt:



Bild 4

Hier die hinterlegten Stellen. Bei den dünnen Kumikos habe ich den Vertellmechanismus meiner Fügelade genutzt. Das Spanplattenbrett (das mit den Flügelschrauben) der Fügelade ist elastisch und lässt sich somit an ein rundes Holz anpassen:



Bild 5

Mit einer rundgehobelten Latte wird Druck gemacht. Wichtig ist, dass die abgerichtete Seite beim Hobeln fest aufliegt und sich nicht etwa hochdrückt - sonst kann man hobeln bis kein Holz mehr da ist!



Bild 6

Ist die Winkelkante angehobelt, werden die Rahmenhölzer auf Dicke gehobelt. Um mir diese Arbeit zu erleichtern, habe ich meinen Stanley No. 6 mit dieser Zusatzeinrichtung versehen. Die grobe Vorarbeit habe ich mit einem alten Schlichthobel mit einer Spanabnahme von 3/10 mm gemacht (auf dem nächsten Bild hinten links):



Bild 7

Überprüfen der Geradheit an einer geraden schmalen Kante:



Bild 8

Bevor die Leiste (40x10) für die Kumikos aufgesägt wird, werden die Schmalseiten abgerichtet:



Bild 9

Aufsägen der Kumikos mit der Gestellsäge:



Bild 10

Dickenhobeln der Kumikos. Das Abrichten der dünnen Kumikos ist schwieriger als das der Rahmenhölzer, weil sie sich leichter durchbiegen. Am allerbesten wäre es, wenn man vor den Hobelarbeiten die Bank abrichtet, oder sich einen speziellen Hobelbalken herstellt:



Hier im zweiten Teil möchte ich die Weiterverarbeitung der Hölzer und die Fertigstellung des Paravents darstellen.

Die weitere Grundlage für eine gelungene Arbeit bilden präzise Anrisse und deren Übertragung auf alle weiteren Teile. Ein Merkmal der Shoji-Verarbeitung ist das gemeinsame Anreißen und Bearbeiten der Einzelteile; so wurden z.B. alle 24 horizontalen (plus zwei Hilfs(Ersatz)-Kumikos) Kumikos zusammen angerissen und bearbeitet. Die Methode ist genial, hat aber den Nachteil, dass ein verrutschter Anriss, oder ein "versägter" Schnitt die ganze Arbeit ruinieren können!

Bild 11

Ansägen der Überblattung. Bei allen folgenden Sägearbeiten, habe ich immer mit einer Führungsrille für die Säge gearbeitet:



Bild 12

Sägen der Überblattung auf genaue Tiefe:



Bild 13

Überblattung teilweise ausgehoben:



Bild 14

Ansägen der Kumiko-Zapfen:



Bild 15

Sägen der Kumiko-Zapfen auf genaue Tiefe:



Bild 16

Grobes Vorarbeiten der Zapfen mit dem Stemmeisen:



Bild 17

Fertigstellen der Zapfen mit dem Simshobel:



Bild 18

Prüfen der Zapfenstärke mit einer Leiste - in Kombination mit einem Meßschieber



Bild 19

Anschrägen der Kumiko-Zapfen



Bild 20

Anschrägen der Kumiko-Zapfen



Bild 21

Anreißen der Zapfenlochhöhe für die Kumiko. Den Alu-Winkel hab' ich selbst gebaut. Der lange Schenkel hat die genaue Kumiko-Stärke (so habe ich mir einen teuren Adernschneider gespart). Ich habe die Zapfenlöcher nur partiell angerissen, weil man sichtbare Anrisse später nicht mehr wegbekommt:



Bild 22

Anreißen der Zapfenbreite mit meinem selbstgefertigten Zapfenstreichmaß (Vorlage war ein Zapfenstreichmaß von Dirk Böhmer):



Bild 23

Hier wird das Zapfenloch gearbeitet. Mit der herkömmlichen Methode (funktioniert hier nur auf den ersten 4 mm) kommt man hier nicht weit. Von da an stemme ich alle vier Seiten und die Mitte, wie auf dem Bild ersichtlich. Wenn man schmale Stemmeisen direkt in den Riss setzt, wird das Zapfenloch größer als geplant - deswegen etwas vom Riß entfernt ansetzen. Sinngemäß werden auch die "großen" Zapfenlöcher für die Rahmenecken gearbeitet. Wichtig ist, das Eisen niemals an der Zapfenlochkante abzustützen um damit zu hebeln:



Bild 24

Dann löse ich die Späne indem ich mit einem 6er Stemmeisen kräftig drehende Bewegungen ausführe. Die gelösten Späne hab' ich mit Pressluft ausgeblasen. Die Japaner verwenden zu diesem Zweck ein spezielles hakenförmiges Stemmeisen:



Bild 25

Sägen der Zapfenbrüstung für die horizontalen Rahmenhölzer:



Bild 26

Längsschnitt und Brüstungsschnitt am Zapfen:



Bild 27

Säubern der vorgesägten Zapfen:



Bild 28

Hobeln der Zapfen mit dem großen Veritas Simshobel:



Bild 29

Genaues Ablängen der Zapfen:



Bild 30

Die fertigen Hölzer vor dem Zusammenbau:



Bild 31

Zusammenstecken der Kumikos:



Bild 32

Verleimen des Paravents:



Bild 33

Absägen der oberen Überstände:



Bild 34

Bündighobeln der vertikalen Rahmenhölzer mit dem Veritas Low Angle Jack Plan auf der Stoßlade:



Bild 35

Detailaufnahme der Überblattung und der Verzapfung der Kumikos:



Bild 36

Detailaufnahmen der Rahmenecken. Es war Gott-sei-dank nur minimal mit dem Putzhobel nachzuarbeiten. Alle Rahmen sind im Winkel und nicht windschief!



Bild 37

Montieren der Scharniere:



Bild 38

Bespannen des Paravents mit Shoji-Papier:



Bild 39

Detailaufnahme der Verklebung und des genialen Scharnieres:



Bild 40

Das gute Stück ist fertig:



Gruß, Bernhard



CONGER - The Irish diaspora in Munich
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Registriert: Mo 2. Feb 2015, 16:15

Re: Shoji-Paravent, mit Bildern

Beitrag von CONGER - The Irish diaspora in Munich »


Bernhard... a brilliant presentation of fascinating work and craftsmanship! I am envious!

How many work-hours did it take you?

Did you tighten the paper in the traditional method... by spitting on it?

Thanks again.

-gerard-



Pedder
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Fragen über Fragen

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #120077]
Hallo Bernhard,

toller Beitrag, wohl das Comeback des Jahres. Das Ergebnis ist - soweit ich das beurteilen kann - handwerklich klasse, wie auch Dein Beitrag. Das ist wohl weit mehr als ein Einblick, eigentlich fehlten doch nur noch die Zeichnung und die Materialliste. :o)

Ein paar Fragen habe ich aber doch:

„Bild 5: Mit einer rundgehobelten Latte wird Druck gemacht.“
Was meinst Du genau mit rundgehobelt. Ist das so etwas wie die Bow-Clamp ?

Bild 6: Kannst Du mehr Bilder von Deinem Dickenhobel zeigen? Der gefällt mir gut!

Bild 12: Wie justierst Du den Tiefenstopp?

Bild 25: Stichst Du den Sägeriss vorher mit einem Stechbeitel vor? Sowas habe ich bei Chris Schwarz mal gelesen aber noch nicht probiert.

Bild 31: Hier sieht man, wie auf einigen Bildern vorher, einen Hammer, der aussieht, als ob sein Kopf aus einem Hundeknochen gemacht ist (verzeihe bitte den Vergleich, wenn er Dich stört). Kannst Du mehr zur Funktion sagen? Er ist wohl weicher, als ein Holzhammer, aber wo kommt das nötige Gewicht her?

Bilder 35+36 Klasse, wie exakt Du arbeitest!

Liebe Grüße
Pedder



Jürgen zur Horst

Re: Shoji-Paravent, mit Bildern

Beitrag von Jürgen zur Horst »

[In Antwort auf #120077]
Hallo Bernhard,

klasse Dokumentation! Großes Kino! Auch wenn ich vermutlich niemals einen Paravent bauen werde, habe ich Dir jetzt mindestens 5 Kniffe abgeschaut, die ich beim Rahmenbau anwenden werde.

Tschüß Jürgen


Bernhard Loos

Antworten, mit Bild

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo Pedder,

genau so ist es, gleiches Funktionsprinzip wie "Bow-Clamp". Hätte ich die Druckkante des Brettes nicht rund gehobelt, so wäre der mittlere Teil des Brettes beim Anziehen der Zwingen hochgegangen.

Hier ein Bild von der Dickeneinstellung meines Hobels. Die gewünschte Dicke stelle ich auf einem Meßschieber vorher ein. Darauf justiere ich die Holzwangen ein. Die genaue Enddicke muß man aber durch einen Versuch ermitteln. Die anderen Bilder die ich von meinem "Anbau" gemacht habe, zeigen auch nicht mehr, als die Bilder die Du bis jetzt gesehen hast.



Auch zu Bild 25 liegst Du richtig! Ich vertiefe den Anriß mit einem möglichst breiten Stemmeisen, dann hebe ich eine kleine Kerbe im wegfallenden Teil aus (sehr gut zu sehen auf Bild 26). Die Säge hat dann eine sehr gute Führung. Diese Methode wird auch von Tage Frid beschrieben.

Be dem Hammer handelt es sich um einen Lederhammer. Der lag jahrelang in einer Schublade herum, bis ich ihn vor kurzem für viele Anwendungen entdeckt habe. Mein Hammer hat ein Gewicht von 290 Gramm. Ich habe gelesen, dass die schwereren Exemplare einen Bleikern haben.

Gruß, Bernhard



Bernhard Loos

Re: Shoji-Paravent, mit Bildern

Beitrag von Bernhard Loos »

[In Antwort auf #120078]
Hallo Gerard!

Du fragst, wieviele Stunden ich dafür gebraucht habe. Das kann ich Dir leider nicht sagen, weil ich sie nicht gezählt habe.
Ich war über einen Zeitraum von sieben Wochen mit dem Paravent beschäftigt, was natürlich nichts über die Anzahl der Stunden aussagt.

Das Papier habe ich mit einem handelsüblichen Shoji-Kleber befestigt.

http://www.feinewerkzeuge.de/shoji.htm

Auf Bild 39 sieht man noch eine leichte Welligkeit des Papiers. Diese soll verschwinden, wenn man das Papier mit einem Sprayer anfeuchtet.

Gruß, Bernhard


TorstenKüpper
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Scharniere

Beitrag von TorstenKüpper »

[In Antwort auf #120077]
Hallo Bernhard,

vielen Dank für die schönen Bilder und die Erklärungen dazu, klasse!

Ich baue gerade an einem kleinen Nussbaum-Schränkchen und benötige noch gute und schöne Türscharniere. Kannst Du mir einen Tipp geben, wo man so etwas bekommt?

Grüße
Torsten



Pedder
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Du hast also

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #120084]
wirklich Löcher in einen alten Hobel gebohrt, Bernhard!

Den Mut hätte ich jetzt erstmal nicht, aber Du machst ja auch mehr mit Metal. Aber mir einer alten Kurz-Raubak müsste das ja auch funktionieren.

Liebe Grüße Pedder



Bernhard Loos

Re: Scharniere

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo Torsten,

welche Scharniere zum Einsatz kommen, hängt von Deiner geplanten Türkonstruktion ab, also: zurückspringend, vorspringend, bündig, überfälzt oder stumpf.

Am besten Du gehst mit der Zeichnung Deines Schränkchens in ein Geschäft, das mit Beschlägen gut sortiert ist. Lass Dich beraten! Du kannst ja vorher mal googeln.

Gruß, Bernhard



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