Gebrauchtes Aussehen für neue Möbel. Wie machen?

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Urs
Beiträge: 493
Registriert: Mi 10. Dez 2014, 10:45

Re: Gebrauchtes Aussehen für neue Möbel. Wie mache

Beitrag von Urs »

[In Antwort auf #26188]
Hallo an alle

Hey, was ist mit Euch los? Da kommen zwei neu ins Forum, und ernten vor allem Hohn (ausser von Marc Hohnsbehn).

An Stefan und Marion: Zuerst Willkommen im Forum! Es ist schon klar, dass Euer Anliegen dem Geschmack der meisten hier zuwiderläuft. Dafür haben die Amerikaner ähnliche Bedürfnisse und propagieren diverse Methoden. Ich meine jetzt nicht unbedingt jenen Woodworker, der seine Stühle abfackelt (zum Glück knapp ausserhalb seiner Werkstatt)und dessen Bericht im Fine Woodworking nachher kritisiert wurde (ich habe auch den Kopf geschüttelt), so dass sich die Redaktion auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zurückziehen musste, die Geschmäcker seien halt verschieden. Aber ein anderer Artikel aus FWW (Nr. 180 Dec. 2005, An Antique Finish for Tiger maple, S.74ff) könnte Euch interessieren. Dort beschreibt Lonnie Bird wie er Ahorn auf antik macht. Sein Rezept ist ein 4-stufiges Vorgehen: Beizen, Ölen, Versiegeln mit Schellack und nochmals Öl mit Farbpigmenten. Insbesondere erzielt er genau jenen Effekt, den Ihr wollt, dass nämlich in Vertiefungen ein dunklerer Farbton entsteht. Wenn ihr wollt, kann ich Euch einen Scan schicken.

Zudem könnt Ihr vielleicht noch bei den Gegenbauern suchen. Ich habe kürzlich eine Radiosendung gehört über deutsche Gegeinbauer, die offenbar neue Geigen bauen, welche den alten Cremona-Meistergeigen ebenbürtig oder überlegen sein sollen. Sie berichteten, dass viele Kunden einen Antik-Look wünschten, weil sie sagen, dass man als Solist nicht mit einer neuen Geige vor ein Profi-Orchester treten könne. Die Geigenbauer bedauerten dies zwar, gaben aber dem Kundenwunsch nach und beschrieben ihre Methode. Vielleicht findet Ihr was im Netz.

Viel Glück und berichtet von Euren Erfahrungen!

Gruss

Urs



Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Gebrauchtes Aussehen für neue Möbel. Wie mache

Beitrag von Walter Heil »


Grüezi Urs,

"Da kommen zwei neu ins Forum, und ernten vor allem Hohn"

Da fühle ich mich angesprochen und muss einige Ergänzungen anbringen: die Dinge, die ich da gebracht habe, sind keine Produkte meiner Phantasie und somit auch nicht "Hohn", sondern tatsächlich geschehene Behandlungen. Der Schlackenhammer und die Schrotschüsse kamen bei einem Gewehrschrank zum Einsatz, den ein elsässischer Schreiner für einen deutschen Kunden fertigte, die Schüsse gab der Auftraggeber selbst ab, der Schlackenhammer kam auf Wunsch des Kunden zum Einsatz. Die abgeschliffenen Kanten waren bei sehr massiven Eichenmöbeln einer Fa. Fütterer zu sehen. Die Auswirkungen feuchten Holzes auf das Aussehen eines Möbels konnte ich bei meinem ersten Birnbaumschrank selbst beobachten. Und was die Wurmlochoptik angeht, so kann jeder mal das Angebot der Fa. Haro Parkett anschauen. Ich habe also einen absolut sachlichen Beitrag geschrieben. Dass das trotzdem als Hohn angesehen wurde, mag vielleicht daran liegen, dass die Maßnahmen, um eine "Alterung" zu erzeugen, den Handwerkstraditionen Hohn sprechen.

Es ist irgendwie seltsam: ich weiß nicht, ob es dieselben Leute sind, aber einerseits herrscht eine unglaubliche Pingeligkeit, was das heilige Blechle angeht, wo jeder Muckenschiss mit einem neuen Kotflügel bekämpft wird, andererseits sollen neue Möbel aussehen wie vom Sperrmüll. Ich verstehe es nicht, aber ich habe auch gelernt, dass es Dinge gibt, wo es nichts zu verstehen gibt.

Gruß, Walter



Timo
Beiträge: 250
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Gebrauchtes Aussehen für neue Möbel. Wie mache

Beitrag von Timo »


Hallo Urs,

mein beitrag war nicht als "Hohn" gemeint, sondern einfach vorschläge wie man eine gebraucht-patina hinbekommen kann, in der richtung "beschleunigte alterung" (die salzwasserbesprenkelung habe ich mal weggelassen).
ich habe Stefans frage so verstanden, das er nicht unbedingt eine lasurbehandlung wollte, die im endeffekt auch glatt und neu aussieht, nur von der farbe her antik.

Gruß
Timo


Springer

Gebrauchtes Aussehen für neue Möbel. Wie machen

Beitrag von Springer »

[In Antwort auf #26193]
Hallo, zusammen, ich bin auch neu hier und finde die beiträge (außer das Kinderzimmer:=) keinen fals hönisch. nach meiner schreinerlehrer wollte ich restaurator werden und habe eigentlich von allen arten die hier beschreiben werden mehr oder weniger schon gehört. Auch von der Schrotmethode ( auch wenn sich mir da der magen umdreht, auf ein selbst,liebevoll, hergestelltes möbel zu schießen).Aber nahmenhafte restauratoren greifen zu dieser art von "gebrauchspuren". man sollte aber in einem bestimmten winkel"draufhalten", da sonst die körner sichtbar sein können. Die frage ist vor allem , aus welchem holz die möbel sind ( masiv oder furnier und natürlich baumart).


Georg
Beiträge: 1254
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Gebrauchtes Aussehen für neue Möbel. Wie mache

Beitrag von Georg »


Hallo Springer,
Ich nehme an, du hast keine kleinen Kinder, sonst wüßtest du wovon ich rede. Das mit den Gebrauchsspuren habe ich durchaus ernst gemeint, zumal diese Spuren dann authentisch sind und nicht irgendwie künstlich wirken.


Stefan Wild
Beiträge: 5
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Danke für Euere Antworten...

Beitrag von Stefan Wild »


Hallo!

Nun ihr habt ja sehr vieles geschrieben, freut mich!

Da möchte ich ausführlicher als einem zweizeiligen Danke antworten. Am Wochenende...

! der Stefan



Urs
Beiträge: 493
Registriert: Mi 10. Dez 2014, 10:45

... alles ernst gemeint

Beitrag von Urs »


ok, ok, nehm tutti quanti zurück, bei mir kam es einfach als Ironie an. Bleibt nur der Trost, dass Friedrich ähnlich reagiert hat, während ich noch am Tippen war.

Nun warte ich, dass Dieter demnächst ein Schrotgewehr (natürlich nur ein "feines"), zierliche Schlackenhämmer etc. in sein Angebot aufnimmt, Platz hat es ja jetzt im neuen Laden genug.

Mit Gruss

Urs



Stefan Wild
Beiträge: 5
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Danke für die Tips...

Beitrag von Stefan Wild »


Hallo Ihr alle!
Marc nach der Zweihorn-Paste werden wir uns mal umsehen.
Mit Kunststoff- und Messingbürsten in der Handbohrmaschine habe ich schon gearbeitet. Entstanden ist ein Untergestell unter dem Fernseher. Hat zwar Struktur, sieht aber trotzdem (noch) neu aus.
Das mit den Steinchen wäre echt mal einen Versuch wert.
Georgs Tip mit dem Kinderzimmer könnte hinkommen, da muß ich mal meine Nichte konsultieren.
Das Räuchern mit Salmiakgeist das Franz Kessler beschreibt klingt vielversprechend. Werde ich mal probieren.
Walters Schlackenhammer könnte hinhauen, evtl auch Spenglervlies, das beim Schleifen nicht so eben und gleichmäßig angreift wie Papier.
Nur das mit dem "feuchten Holz" hab ich nicht verstanden. Anfeuchten zum Bearbeiten? Oder noch nicht durchgetrocknetes Holz verschreinern? Verzieht sich das nicht enorm?
Nunja Schrotflinte hammer keine, aber Wurmlöcher müssen auch nicht sein. Sind aber mit einer Borste aus einer Stahlbürste im Dremel erfahrungsgemäß auch zu machen.
Fertige Materialien in Wurmlochoptik, da muß ich mich mal umgucken.
Timos Vorschlag mit der UV-Bestrahlung benutzen wir schon vor den großen Glastüren an der Südseite. Kies, Rauch, Wasserringe, alles gute Tips.
Nun Urs nicht nur unser Anliegen, auch unser Geschmack dürfte dem der meisten hier zuwider laufen. So gibt es bei uns u.A. Bauhaus- Chromstühle mit schwarzem Leder am Ikea-Glastisch. Ikea Bücherregale aber auch helles Birkenparkett und nur weiße Wände.
Ich finde es muß nicht immer alles neu aussehen:
Letzte Woche habe ich vor der Terasse zur Straße hin einen Rankrahmen aus Stahl gefertigt. Deshalb hatte ich auch etwas Zeitdruck weil ich den seit Frühjahr auf dem Boden dahinwuchernden Wein einbinden mußte solange er noch im Saft steht. Die "Winkeleisen" sind vollflächig sauber mit der Flex abgeschliffen, jeder Zunder und die Walzhaut restlos entfernt. Sklavenarbeit, denn Anschleifen, Grundieren und Lackieren wäre weniger Arbeit gewesen. Dann zusammengeschraubt und auf verzinkte Füße geschraubt die in Betonfundamenten stecken. Ich freue mich wenn die Rahmen jetzt langsam vollflächig anrosten. Der Wein wuchert jetzt schon an den eingespannten rostenden Stahldrähten entlang. Ob mir der Rahmen länger gefällt als 6mm Stahl zum Durchrosten brauchen?
Der Artikel den Du beschreibst würde mich sehr interessieren. Mailadresse ist ja bekannt.
Der Tip mit den Geigenbauern ist auch gut. Muß ich mal suchen.
Nun Walter ich denke nicht, daß das Altern den Handwerkstraditionen so Hohn spricht. Handwerklich gefertigte Möbel verändern sich im Aussehen durch Gebrauch und Alterung. Ob sie neu schöner sind, darüber kann man streiten. Nur als Beispiel: Preßspan-Möbel (von denen wir auch einige haben) werden einfach nur schäbig durch die selben Vorgänge.

Was unsere Autos betrifft, so kümmert mich der Muckenschiss wenig, geputzt werden sie überwiegend wo wir sie sehen und das ist innen. Und so manches Möbel auf dem Sperrmüll sieht besser aus als der gepresste Dreck mit Zierleisten und güldenen Knöpfen der heute vielfach verkauft wird. Dann nehmen wir schon lieber Ikea, auch gepresster Dreck, aber wenigstens nicht überkandidelt im Design.

Nein Timo es ging nicht nur um die Lasurbehandlung, die Tips hier sind schon gut.

Grüße aus der verregneten Steinpfalz, der Stefan



Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Danke für die Tips...

Beitrag von Andreas N. »


Bei dem Stahl hätte man auch welchen ohne Zunder bestellen können oder zur Verzinkerei geben, da wird aller Zunder mit nem Tauchbad in Säure entfernt (ne Minute oder so :-)).Der Zunder ist ein guter Rostschutz.
Das Material sollte ein Stahl mit 10-15% Kupfer sein (schwer zu bekommen) der wird Cortehn-Stahl? Korteen? oder so genannt. Wird für Kunstwerke verwendet die langsam und sehr gleichmäßig rosten sollen. Das Kupfer verhindert lochfraß und der Rost haftet fester, so das der Abtrag nur 1/7 des durchschnittlichen beträgt. Die Art der endstehenden Oberfläche ist auch von der Erschmelzungsart, Vergußtechnik und natürlich den Legierungsbestandteilen abhängig.
In nem Beitrag zu Kunstfälschern hatten die das altern von Möbeln mit Schucreme (leicht zu sehen) und schlägen mit einer kräftigen Kette in die man noch nen Knoten machen kann gezeigt.



Stefan Wild
Beiträge: 5
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Nicht so einfach mit dem "Eisen"

Beitrag von Stefan Wild »


Hallo!

>Das Material sollte ein Stahl mit 10-15% Kupfer sein (schwer zu bekommen) der wird Cortehn-Stahl? Korteen? oder so genannt.

Sowas ähnliches wurde früher im Ostblock für Hochspannungsmasten verbaut, ungestrichen, hätte ich kurzfristig aber nur in Monsterdimensionen bekommen.

Und ansonsten nicht bis zum ersten Frost. Schon garnicht als Winkel mit Perforation für die Spanndrähte in einem Schenkel.

Als Baustahl hatte ich den schon in der Garage liegen.

Grüße, der Stefan



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