Ungewönliche Holzverbindungen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Urs
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Re: Ungewönliche Holzverbindungen

Beitrag von Urs »


Hallo Wolfgang und Edi

es scheinen sich ja alle einig zu sein: "mit 45o einschieben gehts." Da ist die Gefahr natürlich gross, dass mir mein mangelhaftes Vorstellungsvermögen einen Streich spielt und ich mich blamiere.

Aber es will mir einfach nicht in den Grind! Ich habe mir solche Zinken auf zwei Papierstreifen aufgezeichnet. Ich gehe davon aus dass die Zinken so lang wie die beiden Seitenbrettchen dick sind. Wenn man den äussersten Punkt des Köpfches am Ende der speziellen Zinken mit dem Schlitzgrund verbindet, hat man die Diagonale, also 45o. Das Köpfchen liegt dann auf der einen Seite der Diagonale und deshalb liegt bei einem Einschieben mit 45o auch der Eintrittsort auf dieser Seite der Diagonale und somit müsste eine entsprechende Öffnung an der andern Aussenseite sichtbar sein. Ist sie aber nicht! Somit kann es kein 45o-Einschieben sein.

Aber wie geht es denn? Ich konnte mir mit meinen beiden Streifen keine Einschiebebewegung ausdenken, bei den die Aussenflächen nicht betroffen sind und die Eintrittsöffnungen für die "Köpfchen" beide auf den am Schluss von der Verbindung verdeckten Seiten liegen. (ausser die Seitenbrettchen seien beim Einschieben hinter den Zinken nicht so dick und erst später wieder zur gezeigten Dicke zusammengeleimt. Dafür findet man allerdings bei den Fotos - auch wenn man sie im Bildbearbeitungsprogramm aufläst - keinen Hinweis). Bitte klärt mich auf!

Gruss

Urs



Edi Kottmair
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Re: Ungewönliche Holzverbindungen *MIT BILD*

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Urs,

wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du, dass an der eingezeichneten schwarzen Markierung auf dem Foto ebenfalls die Rundung oder das Köpchfen sein müsste, wenn man die Teile schräg zusammenschiebt. Da gebe ich Dir absolut recht und genau deshalb glaube ich, dass die Erklärungen hier entweder nicht richtig sind oder dass ein wesentlicher Teil fehlt. Seit ich das Bild gesehen habe, beschäftigt es mich auch, weil ich gerne herausfinden würde, wie es geht. Aber ich bin noch nicht weiter gekommen.

Viele Grüße von
Edi



Edi Kottmair
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Re: Ungewönliche Holzverbindungen

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Urs,

hier gibt es noch eine andere Erklärung: http://www.frontier.iarc.uaf.edu/~cswingle/archive/get.phtml?message_id=160338&submit_thread=1#message , Beitrag 160366:

The basis is that the box goes together with all 4 sides moving radially
toward the centre. Almost any profile of joint can be designed on this
basis, and designed so that the finished appearance ( which is always
being viewed across the axis of the joint ) looks impossible.

Dabei müssten die Rundungen in Richtung der Bretter (also nicht im 45°-Winkel) angeordnet sein, aber wirklich vorstellen kann ich mir das auch nicht.

Viele Grüße von
Edi



Wolfgang Jordan
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Re: Ungewöhnliche Holzverbindungen *MIT BILD*

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Edi,

auf diese Erklärung von Richard Wilson hatte ich mich bezogen. Wenn man dann schaut, in welcher Richtung die Bretter zusammenrutschen, kommt man aber genau zu den Zweifeln, die du und Urs angemeldet haben.

Dann hatte ich eine neue Idee: Wenn man auf eine Ecke des Kästchens schaut, dann bewegen sich die beiden Seiten nicht in der Bildschirmebene, sondern senkrecht dazu. Und zwar wird eine Seite in das Bild hinein bewegt und die andere heraus. Das würde funktionieren und könnte außen auch so aussehen, aber auf der Innenseite würden relativ große Öffnungen bleiben, und das ist offensichtlich nicht so.

Eine andere in der genannten Diskussion war, daß die runden Teile Halbkugeln wären. Der Zusammenbau funktioniert dann so, daß man die Teile erst spitzwinklig zusammensetzt und dann in die rechtwinklige Position dreht. Das funktioniert auch, aber auf diese Weise bringt man nur drei der vier Bretter zusammen.

Es gibt noch eine Idee, die ich bei einer anderen unmöglichen Verbindung abgeschaut habe (siehe unten). Dabei sind die runden Strukturen an den beiden Brettern verschieden. Bei einem Brett sind es Zylinder, die parallel zum Brett in der ganzen Länge des Zapfens verlaufen. Sie können durch entsprechende runde Kanäle eingeschoben werden. An dem anderen Brett sind es nur ganz kurze Zylinder. Beim Zusammenbau wären sie im Weg. Also sägt man das vordere Ende des Zapfens mitsamt dem Zylinder parallel zum Zapfenende an bis kurz vor die Zapfenseite. Dann läßt sich der vordere Teil aus dem Weg biegen. Nach dem Zusammenbau läßt man diesen dünnen Steg mit dem Zylinder am Ende in die verbliebene Öffnung einrasten. Voilà! Nicht wirklich schön, diese Lösung, aber sie funktioniert.

Gruß, Wolfgang



Edi Kottmair
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Re: Ungewöhnliche Holzverbindungen

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Wolfgang,

deine letzte Erklärung ist die bisher einzige, die wirklich funktionieren kann. Danke für das interessante Bild.

Viele Grüße von
Edi



Alexander Schorn
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Re: Ungewönliche Holzverbindungen

Beitrag von Alexander Schorn »

[In Antwort auf #111785]
Da gibt es ein interessantes Buch von Wolfgang Graubner zum Thema, zu finden unter der ISBN Nummer: 3-421-02850-8.
Kostet rund 50€ ist aber sein Geld wert.



Urs
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Re: Ungewöhnliche Holzverbindungen

Beitrag von Urs »


Hallo Edi, Wolfgang und alle anderen

Genau das habe ich gemeint, danke Edi für das Bild. Es tröstet mich, dass Du Dir das radiale Zusammenschieben auch nicht als funktionierende Methode vorstellen kannst. Nach meiner Vorstellung wäre das bei einem quadratischen Grundriss des Kästchens wieder das 45o-Zusammenschieben, bei einem rechteckigen einfach ein anderer Winkel. Das Problem bleibt aber bestehen.

Danke auch an Wolfgang - Das wird es sein! Du hast mir die Nachtruhe gerettet. Aber im Gegensatz zu andern komplizierten Verbindungen hat ein solches Vorgehen keine weitere Bedeutung, sondern ist nur auf Verblüffung ausgerichtet.

Das von Alexander angezeigte Buch von Wolfram Graubner gibts auch beim Hausherrn.

Mit beruhigtem Gruss

Urs



Marc
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Re: Ungewönliche Holzverbindungen

Beitrag von Marc »

[In Antwort auf #111791]
Hi,
diese hab ich schon mal hergestellt in Kiefer im Meisteranwärterkurs wenn man das in Hartholz macht,kommste aber richtig ins Schwitzen
die einschiebrichtung ist hier vor bzw. zurück.

die andere Verbindung (Bild von Edi -mit dem Keil ,welches man angeblich wegbiegen kann,ohne das es abbricht) entzieht sich mir der Anwendungsfall.
die andere mit dem Rundzapfen:entzieht sich auch meiner Vorstellungskraft-kann nur etwas mit 45° zu tun haben.
vielleicht hat ja Einer unter den Holzwerklern hier so ein Dick-Kurs mitgemacht.

das Buch von Graubner hab ich auch:ne echt geile Verbindung(S.82) ist das zweiseitig verdeckte Bogenschloß mit Spannschloß-wenn man da schlichte Maserung ohne Farbunterschiede nimmt-siehste garnichts!
Gruss
PS: hatte ein Buch gesucht für Anreisstechniken des Graubner Buches u. "the complete japanese Joinery"gewählt -leider ne enttäuschung da nur einige Verbindungen vom Graubner Buch gezeigt werden aber sonst ganz lohnedswert für Häuslebauer


Uwe Linke
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Und sie schiebt sich doch!

Beitrag von Uwe Linke »


Jedenfalls bin ich einigermaßen sicher. Ich habe darüber nachgegrübelt und habe dann in Sketchup eine Prinzipzeichnung gemacht.



Hier ist noch ein Detail dazu:




Uwe Linke
Beiträge: 487
Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Und sie schiebt sich doch!

Beitrag von Uwe Linke »


Mist, falschen Button gedrückt!

Jetzt geht's weiter mit meinen Überlegungen:

Die Verbindung ist im Prinzip recht einfach und ja, es ist ein Loch da, wenn es so gemacht wird, wie Kintaro Yazawa es macht aber das Loch ist nicht außen, wie Edi es hier



angezeichnet hat, sondern es ist wie hier bei der Markierung zu sehen



innen und nach dem Zusammenleimen nicht mehr zu sehen.

Im Prinzip könnte hier jedes beliebige Profil genommen werde; es muss nicht rund sein.

Ich hoffe, meine Ausführungen sind einigermaßen verständlich - wenn nicht, bitte nachfragen.

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Uwe



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